TANKA-AUSWAHL AUGUST 2021
Redaktion: Valeria Barouch & Tony Böhle
Christof Blumentrath
du schaust mirüber die Schulternach Bearbeitungmit Photoshop bleibe ichein alter Mann
verlassensitzen wir hier knabbernErdnüsse undlassen unsere Monologeineinander poltern
Reiner Bonack
TAG OHNE LIED, OHNE WORTESah nur den Windim Baum vor dem FensterErst in der Nachtsang ein Vogel in meinem Kopf
KINDHEIT, DIE MAGIEder Worte, abends,neben Hof und StallUnd am Rand der Heide sangder Ziegenmelker laut sein Lied
Ralf Bröker
Sonntag im Bettim Nebenbei der Bilder erwachtmein inneres Kindbleibt hängen bei der Mausund staunt an deiner Schulter
im offenen Kofferraumsitzt du und liestwas der März-Wind schreibtwie oft hast du das getanund jetzt musst du geh’
Stefanie Bucifal
Farbender Wiederkehrder Sommer schmerzt michin der Brustwie eine alte Liebe
diese Trägheitin der Landschaft, diese Schwereim üppigen Grünalles rücktauf mich zu
Pitt Büerken
mitten in der Stadtder Dom mit den zwei Türmenund grünem Kupferdachzwar besuche ich ihn nie,doch gehört er dazu
Beate Conrad
graue Materiedie gesetzlose Landschafteines Albtraumesweite Stille wie sie wohlwortreicher kaum sein könnte
Glänzend zwei Tassenneben dem Wasserkühlerauch Milch und ZuckerDoch kaum ein Gespräch heutekann die Arbeit versüßen
Frank Dietrich
diese Mülldeponiewird irgendwannein Meer seindie Möwenkreisen schon heute
stürmische Brandungein Teil von mirist Windein Teil Wasserder Rest ist Fels
im Bernsteinder erstarrte Flügelschlageines Schmetterlingsall die Dingedie ich hätte sein können
zu müdeum noch einmal aufzustehenund sie aufzuschreibendie Gedankenvon der anderen Seite des Schlafs
die Schneckezieht eine Spuraus Mondlichtmir scheint sie istauf dem Weg zu dir
Claus-Detlef Großmann
Am Morgensuche ich die Jacke vergeblichim taukühlen Gartendoch da liegt nochdie zerlesene Zeitung
Ruth Guggenmos-Walter
donnergrollen…die schwarze kerzeganz hinten in der schubladefestgeklebt –das grollen kommt näher…
mit einem malwandelt sich das lichtin meinem zimmer:wie licht des 18. jahrhundertsso kommt es mir vor…
eine amselsingt das liedder toten amseldie an der scheibezerschellt ist…
Gabriele Hartmann
mein nächtlicher Gast…was er hinterließam Morgen?nichts – als den Abdruckseiner Zähne im Käse
Birgit Heid
erst beim Schreibeneiner Postkartebemerke ichden Ruf der Amselndas Verblühen der Bäume
die Portraitaufnahmeeiner Weinbergschneckefür eine freie Stellean der Wandüber dem Schreibtisch
ein Grad plus,doch die Sonnewärmt michund die vom Ritzelgefallene Fahrradkette
Silvia Kempen
am Seedie Kieselsteinehüpfen lassenwieder und wiederhöre ich deine Vorwürfe
wie sie fallendie Kirschblütenblätterauf die Erdezum letzten Mal lege ichMutters Goldkette an
ich zögereden Pinsel aufzusetzenauf's weiße Papierund denke an gesternden großen vollen Mond
Eva Limbach
von bunten Schuhenträumte ich und von dem Wegohne Wiederkehrdoch nun trällert die Amselihr vertrautes Morgenlied
nach all den Jahrenist es nun doch in dieBrüche gegangendas Schneckenhaus in das ichmich verkriechen wollte
heimlich und leisehast du dich in meinVertrauen geschlichendabei wusste ich längst dassdu ein Schmetterling bist
Erika Uhlmann
Träge dicke Wolkenschwarz und grauvor fahler Himmelswandwie angenageltin Erwartung sich zu öffnen
Wolfgang Rödig
Kurz nach sieben im Bahnhof.Noch nicht ganz ausgeschlafen.Auf der Rolltreppedie flüchtige Begegnungmit meiner Traumfrau.
Sommernachtsfeteals Lärmbelästigung.Plötzlich dieses Musikstück.Einer meiner Lieblingssongsvor allzu langer Zeit
Angelica Seithe
Wer es könnte –sich in die Abendrötehüllenund sovor ihn hintreten
Wolkenwand anWolkenwand schiebt heranim Schneegestöberdie Geduld der Blüten undhinter blanker Scheibe wir
Kälte im Maidie blühende Magnolienoch immer leuchtend –Liebe die sich nicht verzehrtin der Erfüllung
Erika Uhlmann
Alterssündenich ertappe mich dabeidass ich überlegewas noch zu erledigenund verliere alle Zeit
Träge dicke Wolkenschwarz und grauvor fahler Himmelswandwie angenageltin Erwartung sich zu öffnen
Friedrich Winzer
vor der Ampelsehe ich im Rückspiegelpausenfüllendein küssendes Pärchenim Bremslicht
Abendwanderungvon der Sonne gezogenden Berg hinaufüber die letzte Steilwandder Schatten
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