Ausgabe November 2018 - Einunddreißig

Einunddreißig
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Ausgabe Nr. 23 November 2018

Tanka-Bilder / Foto-Tanka

Tanka-Prosastücke

Tanka-Sequenzen

Mitteilungen

Tony Böhle

Editorial

Immer wieder wurde der 9. November als der Schicksalstag der Deutschen bezeichnet. An jenem bewussten Datum fiel nicht nur die Berliner Mauer, auch die Reichsprogromnacht und der Hitler-Ludendorff-Putsch fanden statt. Ein Ereignis, das ebenfalls auf dieses Datum fiel und sich in diesem Herbst zum 100. Male jährt, ist heute weniger im Bewusstsein der meisten verankert. Der damalige Reichskanzler Prinz Max von Baden gab an einem 9. November des Jahres 1918 die Abdankung des damaligen Kaisers Wilhelm II bekannt. Am gleichen Tag erfolgte dann gleich noch zweimal die Ausrufung der Republik durch Phillip Scheidemann und Karl Liebknecht. Die Zeitgenossen waren darüber wohl sehr geteilter Meinung. Für die einen ein überflüssiger Schritt, für die anderen eine Ungeheuerlichkeit.
Und wie sieht unser Blick 100 Jahre später auf die Monarchie aus? Manch ein Deutscher schaut wohl neidisch auf Großbritannien, Schweden oder die Niederlande, wenn eine royale Hochzeit ansteht. Zugegeben, diese großen Inszenierungen irgendwo zwischen Pracht, Kulisse und Tradition habem etwas Faszinierendes, Fremdes, Magisches. Ein Märchen für Erwachsene. Besonders erfolgreich dort, wo die Königshäuser keine politische Macht mehr haben, sondern nur der Repräsentation dienen. Doch was nach außen eine schöne Fassade ist, mag für die Beteiligten des Familienunternehmens "Monarchie" alles andere als leicht sein. Wer als Thronfolger geboren wird, muss in ihn in aller Regel auch irgendwann besteigen. Die Möglichkeit einen Beruf und Lebensweg selbst zu wählen, gibt es nicht.
Auch in Japan ist es heute ähnlich. Der Kaiser ist laut Verfassung das Symbol der nationalen Einheit – kein Politiker und schon gar kein Herrscher. Eine Gepflogenheit, die der kaiserlichen Familie dabei zukommt, ist es immer zu Jahresbeginn ein Tanka zu verfassen. Auch bei uns, wie in aller Welt, findet das Verfassen von Gedichten in dieser japanischen Tradition immer mehr Freunde – aber nicht aus einer Tradition oder kaiserlichen Verpflichtung heraus, sondern aus eigenem Antrieb. Die Ergebnisse dieser Freude am Schreiben zu lesen und zu teilen, lade ich alle Leser herzlich zur November-Ausgabe von Einunddreißig ein.

Valeria Barouch

Das Tanka international Teil XI - Michael H. Lester

Michael H. Lester ist von Beruf amtlich zugelassener Wirtschaftsprüfer und Anwalt. Sein Tätigkeitsgebiet ist Unternehmensführung für die Unterhaltungsindustrie in Los Angeles, Kalifornien. Zahlreiche Zeitschriften haben seine Haiku, Tanka, Cherita, Haibun und Tanka-Prosa veröffentlicht und seine Werke haben viele Auszeichnungen erhalten.

Er erhielt namentlich lobende Erwähnungen im Sanford Goldstein Tanka Wettbewerb 2017 und 2018 der Tanka Society of America. Er ist Autor eines Gedichtbandes "Notes from a Commode - Volume I" (Amazon.com) und Mitbegründer von the cherita: your storybook journal.

Michael hat weitere Bücher in Arbeit, darunter auch ein Kinderbuch, ein Band mit erotischen und romantischen Tanka in Zusammenarbeit mit einem Co-Autor, sowie ein Buch mit Tanka-Kunst.

All Returns to Dust

the scribe
retires to his hovel
where his quill
brings light to darkness
and darkness to light

the scratching
of hungry vermin
echo behind walls
he seeks to open
on his poet's journey

painstakingly
he translates the works
of the ancients
laboring over nuance
searching for meaning

the moon
trudges across a starry
black sky
obscuring millennia
in its cosmic sweep

the dust
of dry, weathered skin
floats in candlelight
settling on wrinkled hands
lying motionless at last

           *  *  *

Alles wird wieder zu Staub

der Schreiber
zieht sich in seine Hütte zurück
wo seine Feder
Licht in die Dunkelheit und
Dunkelheit ans Licht bringt

das Kratzen
von hungrigem Ungeziefer
hallt hinter Wänden
die zu öffnen er erstrebt
auf seinem Dichterweg

sorgfältig
übersetzt er die Werke
der Alten
quält sich durch Nuancen
sucht nach dem Sinn

der Mond
durchwandert den sternenklaren
schwarzen Himmel
Jahrtausende verschleiernd
in seinem kosmischen Lauf

der Staub
trockener, gegerbter Haut
schwebt im Kerzenlicht
sinkt auf faltige Hände
endlich bewegungslos

          *  *  *

just sitting
watching the flowers open
for the bees
remembering the time
you let me in

einfach sitzen
schauen wie sich die Blumen
den Bienen öffnen
an die Zeit sinnend als du
mich hereinließest

these old bones
rattle like peas
in a pod
left too long
out in the sun

diese alten Knochen
klappern wie Erbsen
in einer Schote
die man zu lange draußen
in der Sonne ließ

when words
no longer suffice
the poet
must pick up the lance
and tilt at windmills

wenn Wörter
nicht mehr genügen
muss der Dichter
zur Lanze greifen und
gegen Windmühlen kämpfen

a wounded bird
breathing heavily
on my doorstep
where I put the milk out
for the local tomcat

ein verletzter Vogel
atmet mit Mühe
vor der Haustür
wo ich die Milch hinstelle
für den hiesigen Kater

had I claws
I would scratch my way
to the top
where the Gods frolic
naked among ferns

hätte ich Krallen
ich würde meinen Weg
hinaufkämpfen
wo die Götter herumtoben
nackt im Farnkraut

 
Übersetzt und veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Valeria Barouch & Tony Böhle

Tanka der Redaktionsmitglieder

Fühlen möcht ich
von der bleibenden Zeit
jede Sekunde
so bewusst wie vom Sandkorn
das Feuer am Sommerstrand

                – Valeria Barouch

einmal so sein wie
die Hauptdarsteller in den
Romantic Comedies,
die du so magst – doch bin ich
eher vom Typ Nebenrolle

                – Tony Böhle

Am Tuschstein
reibe ich herum
so gewissenhaft
als könnte ich Begabung
damit heraufbeschwören

                – Valeria Barouch

versuche ich es
mit einem Vergleich,
so bist du die
Puppe ohne Mund und ich
ein Falter ohne Fühler

                – Tony Böhle

Valeria Barouch & Tony Böhle

Tanka-Auswahl November 2018

Aus den Einsendungen, die zwischen dem 1. August 2018 und dem 30. September 2018 eingereicht wurden, hat die Jury, bestehend aus Valeria Barouch und Tony Böhle, für die November-Ausgabe von Einunddreißig eine Auswahl von 29 Tanka getroffen. Jeder Teilnehmer konnte bis zu zehn Tanka einreichen. Die ausgewählten Texte stehen nachfolgend alphabetisch nach den Autorennamen aufgelistet. Die Jurymitglieder haben jeweils ein Tanka, das sie besonders angesprochen hat, hervorgehoben und kommentiert.

Valeria Barouch

Ein Tanka, das mich besonders anspricht

im Geigenkasten
nur eine kleine Münze
als Lohn
in hohen Tönen klingend
die Wehmut schwerer Tage

                – Silvia Kempen

Das Bild der kleinen Münze, sei es im Geigenkasten oder in einem Becher, trifft man häufig auch im Haiku an. Sehr oft scheint dort der Blick des Passanten nicht über den Rand des Gefäßes hinauszuschweifen. Die Leere des Gefäßes steht im Mittelpunkt, der Mensch dahinter bleibt unsichtbar. Man weiß nicht ob die Münze einen Mangel an Mitgefühl mit einem Notleidenden symbolisiert oder die kleinliche Würdigung der Darbietung eines Musikanten. Wird der Mensch genannt, dann wird er meistens als Bettler abgestempelt.

Nicht so im vorliegenden Text. Dieses Tanka gefiel mir, weil es erlaubt eine komplexere Geschichte hineinzulesen. Es findet mehr als nur der einseitige Austausch "Spender - Empfänger" statt, wenn man das dritte Segment als Scharnier betrachtet. Richtet man seine Aufmerksamkeit auf die ersten drei Linien (im Geigenkasten / nur eine kleine Münze/ als Lohn), dann nimmt man sogleich an, dass der Geiger bereits am Spielen der wehmütigen Melodie war und dafür entschädigt wurde. Es wurde hier das Wort "Lohn" und nicht "Spende" verwendet. Lohn heißt Arbeitsvergelt und jedermann möchte für seine Arbeit gemessen entgolten werden. Ein Straßenmusikant, was immer seine Situation sein mag, hat wohl dieselbe Ambition.

Doch kann man dem Lohn eine weitere Bedeutung zumessen, nämlich "Vergeltung, Retourkutsche", wenn man ihn den letzten beiden Linien zuordnet: "als Lohn / in hohen Tönen klingend / die Wehmut schwerer Tage". Bei dieser Lesensweise ist der Geigenspieler nicht mehr passiver Empfänger einer Spende. Er antwortet, nicht mit Worten, aber mit Musik. Vielleicht entlockte er seinem Instrument weniger melancholische Weisen im Moment als die Münze in den Kasten fiel. Nun passt sich sein Repertoire der Situation an.  Er gibt seiner Stimmung Ausdruck, die Wehmut klagt an ("in hohen Tönen klingend /die Wehmut schwerer Tage"). Ob es ihm gelingt mit diesen Klängen die Herzen der Vorübergehenden zu rühren?

Tony Böhle

Ein Tanka, das mich besonders anspricht

beim Länderspiel
fragt sie plötzlich
nach meinen Zukunftsplänen
Müller schlägt eine Flanke
ins Nichts

                – Frank Dietrich

Deutschland befindet sich gerade in unruhigen Zeiten. Während sich viele schon an die Querelen in der Politik gewöhnt haben, und diese Situation mit einer Mischung aus Resignation und Schulterzucken hinnehmen, gibt es ein Thema, das die Volksseele noch richtig hochkochen lässt: Fußball! Waren wir in den letzten Jahren auf diesem Feld recht erfolgsverwöhnt, so hat das Vorrundenaus bei der WM im Sommer doch umso mehr geschmerzt. Und dessen nicht genug, setzt sich die Krise in der Nationalmannschaft weiter fort. Trotzdem finden die Länderspiele noch eine große Zahl an Zuschauern, wohl auch in der Hoffnung, dass es endlich wieder einmal besser werden würde. Leider oft umsonst.
An einem solchen Länderspiel-Abend spielt auch das hier besprochene Tanka. Männern hängt oft der Ruf nach, während eines spannenden Fußballspiels nicht ansprechbar zu sein. Aber immerhin scheint das lyrische Ich hier die Frage seines Gegenübers bemerkt (fragt sie plötzlich / nach meinen Zukunftsplänen) zu haben. Es deutet sich schon in den ersten drei Zeilen an, wie spannend das beobachtete Spiel zu sein scheint. Den endgültigen Beleg dafür liefern dann die beiden letzten Zeilen – Müllers "Flanke ins Nichts".
Das Tanka zeigt hier ein schönes Beispiel für eine Juxtaposition, das Gegeneinanderstellen zweier Bilder, die miteinander korrespondieren. Unter einer Flanke versteht man im Fußball ja das Hereingeben eines Balles in den gegnerischen Strafraum, wo dieser dann einen Abnehmer finden soll. Doch genau wie Müllers Ball keinen Abnehmer findet, ist es hier mit der Frage nach den Zukunftsplänen, die wohl auch in den inneren Strafraum des lyrischen Ichs geht, dort aber keinen Abnehmer findet.
Dem Leser drängt sich dabei natürlich die Frage auf, ob mit den "Zukunftsplänen" etwas Bestimmtes gemeint sein könnte. Immerhin ist das Gegenüber des lyrischen Ichs eine "sie"! Vielleicht ist es die verkappte Frage, ob man nicht endlich bald einmal heiraten möchte, die etwas zu subtil gestellt ist und deshalb keinen Anspielpartner findet?

Valeria Barouch & Tony Böhle (Auswahl)

Die Tanka-Auswahl

Nach zwanzig Jahren
kehrte auch ich endlich heim,
vom Kämpfen müde.
Doch als ich das Haus betrat
wartete auf mich niemand.

                – Stefan Blaschke

die Augen der Braut
hinter dem Spitzenschleier
zwei wilde Blüten
wird er brechen bei Nacht
und das Herz der Anderen

                – Gabriele Hartmann

Erschimmerndes Dunkel
langsam löst sich
die Nacht von Erde und Meer
zeichnet das Licht dem Deich
Schattenrisse von Schafen ein

                – Reiner Bonack

Nichts
erzählte sie von den Nächten
im Bunker
den Einschlägen und
jenem dumpfen Schweigen

                – Ilse Jacobson

Einst sammelte ich
kleine Sonnen auf
der Wiese vor dem Haus

Milchig wie Nebellicht klebte
ihr Blut zwischen Fingern

                – Reiner Bonack

im Geigenkasten
nur eine kleine Münze
als Lohn
in hohen Tönen klingend
die Wehmut schwerer Tage

                – Silvia Kempen

Eisiges Schweigen
Ich hülle mich ein
in Schal und Mantel,
gehe, vermisse
schon bald deine Wärme

                – Reiner Bonack

im Nebel verborgen
nur einen Steinwurf
von meinem Haus entfernt
der verwilderte Weg
den ich nie gegangen bin

                – Eva Limbach

Dämmerung
in der Neubausiedlung
Fertighäuser
zwinkern
einander zu

                – Stefanie Bucifal

ob es Leben gibt
in fernen Galaxien
möchtest du wissen...
wenn die Nebel sich lichten
zeig ich dir den Weg zurück

                – Eva Limbach

Happy Hour
sich auflösen
im Feierabend
wie Schaum
im Weizen

                – Stefanie Bucifal

Breiter ist sie jetzt,
die Alte-Friedhof-Straße.
Die alte Eiche
war keine tausend Jahre,
nicht mal volle fünfhundert.

                – Horst Ludwig

Lügen, die wir uns selbst erzählen
beim Übertritt
vom Tag in den Schlaf

selbst dort –
keine Spur von dir

                – Stefanie Bucifal

Frau an der Kasse
fragt nach dem Rentner-Ausweis
und ich erschrecke –
Leb schon so lange mit mir?
Und gestern war Einschulung…

                – Conrad Miesen

Voller der Mond heut'
eine silberne Schale
in der Sakristei
etwas Messwein eingeschenkt
heimlich die Ministranten

                – Beate Conrad

Was bleibt vom Windhauch,
wenn wir die Augen schließen?
Ein sanftes Rascheln,
das tief ins Innenohr dringt –
Die Novene vor Pfingsten.

                – Conrad Miesen

Sonnenuntergang:
Pusteblume für Pusteblume
ein kurzes Leuchten.
Sie küsst einen anderen
und bereut noch immer nichts.

                – Beate Conrad

Der Ruf der Wachtel
hämmernd und klar! Das Licht stürzt
vom Morgenhimmel –
umspielt noch einmal das Korn,
bevor die Sense beginnt.

                – Conrad Miesen

ich wünschte ich könnte
schlafen und träumen
wie du
anstatt dir zuzuschauen
wie du schläfst und träumst

                – Frank Dietrich

Der Blick nach unten,
Auf zerrissene Wolken
Im dunklen Wasser:
Keinerlei Nackenstarre,
Aber auch keine Sterne.

                – Roman Rausch

die Wellen
erreichen ihn nicht mehr
ein Seestern
verendet
unter den Sternen

                – Frank Dietrich

Museum – der Bub
an der Glasscheibe zählt fünf
Koffer, dann schon zehn
da sind so viele Papa
ja mein Junge – so viele

                – Dyrk-Olaf Schreiber

beim Länderspiel
fragt sie plötzlich
nach meinen Zukunftsplänen
Müller schlägt eine Flanke
ins Nichts

                – Frank Dietrich

manch Sterngefunkel
den Nächten verborgen bleibt
auch der Kamera
bald schon lege ich sie ab
dass Träume es erkunden

                – Dyrk-Olaf Schreiber

                  nach Valeria Barouch

altgeworden
suche ich Rat
bei den Alten
spreche mit den Steinen
am Fluss

                – Gerda Förster

eingeschneit
das müde Lächeln
blasser Rosen
die zu vorgegebner Zeit
dem Ende widerstanden

                – Erika Uhlmann

am trüben Himmel
hinter den Wolken
rufen Kraniche
für die mein Herz schlägt
sie sind wieder in der Heimat

                – Karola Groch

am Aussichtsturm
nur hundertdreißig Stufen
ohne Fahrstuhl
an sich natürlich kein Problem
bei guter Wetterlage

                – Erika Uhlmann

an Bord der Fokker
zeigt uns der Pilot die Welt
vom Karkorum
der Nanga Parbat ragt auf
wie Konfuzius mit Bart

                – Karola Groch

Beate Conrad
In Abwesenheit von Licht


   kaum ein Nebelmond
   nicht genug von einem Nichts
   ... so schwarz der Himmel,
   Reise ohne Wiederkehr
   und doch zur Heimat ein All

vorstellen kann er sich's nicht. Nicht wirklich. Er sei soeben verstorben. So sagt man ihm. Auf jenem Korridor mit den vielen Türen. Kein Tunnel mit sich erhellender, endlicher Ferne. Stattdessen ein Beamter mit dicker Brille. Mustert ihn starr in einem dieser kleinen atmosphärelosen Büros

   ob er wohl schon mal
   von Judas gehört habe,
   nur eine Frage
   seine Handbewegung fast
   so rein wie frische Wäsche

Eine Tür weiter eine Tür ohne Aufschrift. Ein Ticken. Seine Zeit laufe bereits. Diesseits. Jenseits. Ein Korridor mit vielen Türen. Er solle sich entscheiden, so fällt's ihm wieder ein

   wie schön das Kruzifix,
   doch um wieviel schöner sein
   Spiel mit den Schatten
   ein Stein phosphoreszierend
   in Abwesenheit von Licht

Er verlässt die kleine Kapelle und zögert etwas vor dem Haus mit den warm erhellten Fenstern, wo er zum Abendmahl geladen...

   Hohl eine Eiche
   im verlassenen Garten
   wie darin der Wind
   versinkt nach all den Jahren
   mit so traurigem Gesicht.

Beate Conrad & Horst Ludwig
Tanka-Folge [ohne Titel]

Beate Conrad & Horst Ludwig
Tanka-Folge [ohne Titel]


    Hinter dem Tempel
    ein alter Mann sammelt sich
    die trocknen Blätter
    vom Boden in sein Körbchen, –
    es ist wohl ein Viertel voll

    Ein Mann sammelt sich
    im wandernden Schattenlicht
    ein Pfirsich erschlafft
    am rostigen Geländer
    schon schütter sein weißes Haar

    Die trocknen Blätter –
    wie sie zum Wasser flattern,
    sich dort auflegen,
    unter die Brücke gleiten,
    benetzt sich hinbewegen.

    Zum Boden beim Korb,
    wo Pilze und auch Regen,
    legt leise sich was,
    als wär's nicht nur Dämmerung,
    zum Alten hinterm Tempel.

    Wohl ein Viertel voll
    im Schattengeäst silbern
    glänzt die Mondsichel,
    steigt weiter zum Himmel auf –
    so oder so ein Gebet.

   Horst Ludwig: 1, 3; Beate Conrad: 2, 4, 5


    Schneeweißes Rauschen
    oder auch ein Gewitter
    mein Gott diese Form
    fängt ja g'rad mal so richtig
    an sich auszuprobieren

    Auch ein Gewitter
    im Gesamtkunstwerk wirklich
    für einen wie ihn
    in Geldschulden und andern
    auf wildester See seekrank

    Mein Gott, diese Form,
    jenseits von Anfang und Ende,
    schwankend ein Gesicht
    auf paar verschmierten Seiten
    Gesang einer Flaschenpost

    Fängt g'rad so richtig
    der Adler gleitend den Fisch,
    die Fänge gestreckt
    greifend im rechten Moment.
    Stabsprung umgekehrt!

    An sich probieren
    Reis, Tempura, Sashimi,
    alles merklich neu.
    Salat isst man mit Stäbchen
    leichter als mit der Gabel.

   Beate Conrad: 1, 3; Horst Ludwig: 2, 4, 5

Wettbewerbe, Termine und Veranstaltungen

2. November 2018 - The British Haiku and Tanka Awards
In den Kategorien Tanka, Haiku und Haibun schreibt die British Haiku Society (BHS) einen Wettbewerb aus, zu dem noch bis zum 31. Januar 2019 Beiträge in beliebiger Zahl eingereicht werden können. Für die Beiträge, die in englischer Sprache eingereicht werden müssen, wird eine kleine Teilnahmegebühr erhoben. Der Wettbewerb steht sowohl Mitgliedern wie auch Nichtmitgliedern der BHS offen. Die Gewinner erwarten Geldpreise. Die Einzelheiten zur Ausschreibung und die Teilnahmebedingungen finden sich auf der Webseite der BHS: http://britishhaikusociety.org.uk/category/competitions/

nächste Ausgabe

Die nächste Ausgabe von Einunddreißig erscheint am 15. Februar 2019. Der Einsendeschluss ist der 31. Dezember 2018. Für die Einsendung von Beiträgen bitte ich, die Teilnahmebedingungen zu beachten.

(C) 2021
Alle Rechte bei Tony Böhle und den Autoren.
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